Aktionstag am 22. Juni
Ein kurzer Rückblick in die Debatte um Machtmissbrauch und sexualisierte Diskriminierung
Für unseren Aktionstag am vergangenen Freitag fühlten wir uns sehr gut vorbereitet, waren auf unsere Podiumsgäste und deren Impulsreferate gespannt, standen erwartungsvoll im Orchesterprobensaal, neugierig, wie viele Menschen unsere Veranstaltung besuchen würden. Pünktlich um 14:00 Uhr eröffnete unser Rektor, Prof. Kürschner, das Podium vor einem fast überfüllten Raum. Johannes und Hanna vom StuRa hießen alle Anwesenden mit dynamischen Worten willkommen und beschrieben unseren Anlass: Eines unserer Ziele besteht darin, für diese Thematik – Machtmissbrauch und sexualisierte Diskriminierung – zu sensibilisieren. Um es vorweg zu nehmen: Das Ziel wurde erreicht. Schade war allerdings, dass wir nicht mehr als fünf anwesende Lehrende gezählt haben.
Viel Zuspruch und Applaus ernteten die Referent_innen für ihre wohl vorbereiteten und klaren Impulse. Inhaltlich unterschieden sie sich, aber die Message war bei allen sehr klar: Machtmissbrauch darf nicht geduldet werden! Oliver Grimm klärte über juristische Grundlagen auf und betonte, dass eine Richtlinie zum Schutz vor Gewalt nur dann Sinn mache, wenn alle Akteure (der Hochschule) im Gespräch blieben. sookee offerierte den Zuschauer_innen eine Metaperspektive und erinnerte daran, Machtmissbrauch weiter zu denken als nur auf die Sexismus-Debatte zu beschränken. Wallis Giunta beschrieb direkt und klar ihre negativen Erfahrungen, die sie als junge Künstler_in machen musste und welche positiven Konsequenzen sie daraus gezogen hat. Sie ermutigte Betroffene, sich nicht zu verstecken und umgehend zu handeln, sich Hilfe zu suchen. Moritz Eggert verdeutlichte nicht weniger leidenschaftlich als seine Co-Redner_innen, dass es höchste Zeit sei, denjenigen die Macht zu entziehen, die sie missbrauchten. Die Debatte wurde moderiert von Nhi Le, die mit ihrem guten Zeitmanagement dafür sorgte, dass der zweite Teil der Veranstaltung rechtzeitig beginnen konnte. Im anschließenden Workshop, am World Café-Format angelehnt, nahmen etwa 35 Personen teil. Die Ergebnisse der Thementische werden in Kürze erscheinen.
Der gesamte Aktionstag, der von einem auffällig heterogenen Publikum besucht wurde, versteht sich als Auftakt, um das Thema „Machtmissbrauch und sexualisierte Diskriminierung“ weiterhin zu vertiefen. Die HMT Leipzig hat sich anderen Hochschulen angeschlossen, das Thema zu bearbeiten. Nun geht es darum, die Thematik gemeinsam nachhaltig auf der Agenda zu platzieren.
An dieser Stelle möchten wir dem gesamten Organisationsteam für die exzeptionelle Zusammenarbeit, allen Podiumsgästen und Thementisch-Moderator_innen, allen Besucher_innen und der Koordinationsstelle zur Förderung der Chancengleichheit an sächsischen Universitäten und Hochschulen für die Realisierung dieser Veranstaltung herzlich danken!
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Musikschulen und Orchester
Festanstellung und Zusammenarbeit in der Musik
Am 08. Juni luden wir zu einer Gesprächsrunde zum Thema ein. Wir haben hochinteressante Gäste zu den Bedingungen in Musikschulen und im Orchester befragt. Hier ist eine Zusammenfassung der Veranstaltung:
Eine Aufgabe von mentoringArts ist es, auf Berufsrealitäten vorzubereiten. Im März 2018 veranstalteten wir in Kooperation mit Kreatives Sachsen e.V. eine Gesprächsrunde zum Thema Selbstständigkeit. Ein sehr großer Teil der an Musikschulen Absolvierenden wird sich dieser Arbeitssituation stellen. Dabei verlieren wir das Thema der Festanstellung nicht aus den Augen. Schließlich ist es das Ziel fast aller Instrumentalmusik-Studierender und vieler Musikpädagog_innen irgendwann, irgendwo festangestellt zu sein.
Von jährlich mehr als 6000 Abschlussprüfungen in Studiengängen für Musikberufe in Deutschland gehören die Instrumental- und Orchestermusiker_innen mit etwa 37% zur größten Absolventengruppe. Musikerzieher_innen im freien Beruf und an Musikschulen besetzen das untere Mittelfeld mit etwa 12%. (MIZ)
Berufsfeld Musikschule
Musikschulen vermitteln und praktizieren den musikalischen Bildungskanon. Für wenige jedoch ist die Musikschule das erklärte Berufsziel. Für viele ist auch gar nicht klar: Wie kommt man eigentlich an eine Festanstellung in der Musikschule, denn viele der Studierenden arbeiten ja schon als Honorarkräfte. Dr. Klaus-Dieter Anders, Direktor des kommunalen Eigenbetriebes Musikschulen des Landkreises Leipzig und Vorsitzender des Landesverbands Sachsen des Verbands deutscher Musikschulen (VdM) sowie im Bundesvorstand, gab einen Einblick:
Der größte Unterschied zwischen Festangestellten und Freischaffenden ist die Weisungsgebundenheit, d.h. wer an der Musikschule fest angestellt ist, hat neben dem Unterrichten verschiedene Nebentätigkeiten wie z.B. Programmgestaltung, Konzertorganisation oder Begabtenförderung. Deshalb erwarten Musikschulen von Interessenten auf eine Festanstellung auch, dass diese mehr als nur den Unterricht gestalten wollen, in verschiedenen Musikstilistiken sicher sind und beispielsweise auch musikalische Früherziehung geben oder korrepetieren können und wollen. Die ideale Bewerbung zeigt dementsprechend, dass die/der Bewerber_in breit aufgestellt ist und Interesse und Freude an pädagogischen Tätigkeiten hat. Außerdem ist angesichts der Stellensituation Mobilität gefragt, da es feste Stellen durchaus gibt, zwar nicht in der Stadt, aber im ländlichen Raum. Das große (politische) Ziel von Seiten der Musikschulen ist es, dass 80% der Lehrer_in festangestellt sind. Doch solange die gesellschaftliche und politische Wertschätzung für die Musikschulen gering und damit die finanzielle Entlohnung für ihre Lehrer_innen vergleichsweise schlecht ist, braucht es vermehrt Solidarität und eine gemeinsame Stimme und Lobby, wie es z.B. die ver.di Fachgruppe Musik zum Ziel hat. In diese Fachgruppe können auch bereits Studierende eintreten und sich für ihre Zukunft engagieren (https://musik.verdi.de/).
Berufsfeld Orchester
Eine Festanstellung im Orchester ist Ziel und Wunschtraum der meisten Studierenden der Instrumentalmusik. Tatsächlich sind Orchesterzahlen rückläufig – 1992 gab es 168, heute sind es noch 129 Berufsorchester. Parallel dazu sanken und sinken die Planstellen: Seit 1992 gibt es einen Rückgang von fast 20% (West: 7,21%, Ost: 37,74%). Aktuell sind etwa 9746 Planstellen ausgewiesen. Die Anzahl der Instrumentalmusik-Absolvierenden, als größte Absolventengruppe der Musikhochschulen, ist im Verhältnis dazu sehr hoch: 2016 waren es knapp 2250. Schätzungsweise kommen 1000 Absolventen auf weniger als 100 freie Stellen, die zudem international ausgeschrieben sind.
Prof. Andreas Schulz, inzwischen 20 Jahre im Amt als Gewandhausdirektor, gab interessante Einblicke in die Strukturen und Besonderheiten seines international renommierten Hauses und erläuterte Bewerbungs- und Arbeitsbedingungen. Matthias Schreiber, der seit 37 Jahren Mitglied des Gewandhausorchesters, Vorspieler für Cello und Mitglied des Orchestervorstandes ist, teilte als Berufsmusiker sein vielschichtiges und breites Erfahrungswissen mit den Zuhörer_innen.
Bei Stellenausschreibungen laden Bewerber_innen auf entsprechenden Online-Plattformen (z.B. dasorchester.de und muv.ac) ihre Dokumente hoch. Wichtiger als eine lange Liste von besuchten Meisterkursen ist beispielsweise ein gut strukturierter Lebenslauf, aus dem Konzerttätigkeiten – im großen und im kleinen Rahmen – und die Beherrschung verschiedener Repertoires hervorgehen. Mit einem Motivationsschreiben sollten Bewerber_innen die Chance nutzen, die Besonderheit des jeweiligen Konzerthauses und die eigene Identifikation damit herauszustellen. Auf eine freie Stelle kämen etwa 250 Bewerbungen, eingeladen werden 20 bis 30 Musiker_innen. Die einzige Gruppe, die es etwas leichter hat, sind Bratschist_innen, sagt Prof. Schulz, die werden derzeit gesucht.
Studierende sollten während des Studiums ein intensives Vorspieltraining nutzen, um die nervliche Belastung, die später auf sie zukommt, gut durchzustehen. Probespiele dienen nicht nur dem Zweck einer Anstellung, sondern sie sind immer auch Übung und Gelegenheit, um mit dem Druck in diesen angespannten Situationen umzugehen. Ist ein Probespiel erfolgreich gelungen, gilt es in der Probezeit sich voll und ganz auf das Orchester und seine Mitglieder einzulassen. Prof. Schulz empfiehlt hier, am Ort des Orchesters zu leben und an der Gestaltung dessen mitzuwirken. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion wie auch Kritikfähigkeit sind wichtige Eigenschaften, um langfristig im Orchester zu wirken, erklärt Matthias Schreiber. Über die Jahre stellt er durch den wachsenden Leistungsdruck unter dem Nachwuchs und auch durch technische Neuerungen zur Perfektionierung des Spiels eine Zunahme der Qualität in seinem Orchester fest. Einen Generationenkonflikt zwischen jungen und älteren Musiker_innen sieht er nicht, zumal das Durchschnittsalter im Gewandhausorchester vergleichsweise jung ist. Auf die Frage, welchen wesentlichen Tipp die Herren für Studierende haben, dessen Ziel die Festanstellung im Orchester ist, antworten sie: „Musik hören und so oft es geht ins Konzert gehen!“
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